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Ausgewählte Rechtsprechung

zum Landwirtschaftserbrecht

  • Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2022 - 10 W 84/21
    Die innerfamiliäre Verpachtung des landwirtschaftlichen Besitzes an ein Kind und die Unterverpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen an nur einen Landwirt kann gegen eine endgültige Betriebsaufgabe und kann Indiz dafür sein, dass es dem Erblasser an dem weiteren Erhalt der Hofeinheit gelegen ist. Dem steht nicht entgegen, dass das Kind nicht wirtschaftsfähig ist und die Verpachtung dem Erhalt der Altersrente dient.
     

  • Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 11. April 2022 - 10 W 33/21
    Das Hoffolgezeugnisverfahren ist aufgrund seiner fehlenden Bindungswirkung nicht vorgreiflich für das Hoffeststellungsverfahren. Die Aussetzung ist auch nicht aus anderen prozessökonomischen Gründen geboten, denn es ist denkbar, dass die Frage des Fortbestands der Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Erbfalls im Hoffolgezeugnisverfahren offen bleiben kann, falls ein Hoffolgezeugnis bereits aus anderen Gründen, etwa wegen fehlender Wirtschaftsfähigkeit nach § 6 Abs. 6 und 7 HöfeO, nicht zu erteilen ist.
     

  • Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 11. April 2022 - 10 W 33/21
    1. Wenn das Landwirtschaftsgericht an Stelle des Erlasses eines Feststellungsbeschlusses ein Hoffolgezeugnis erteilt hat, ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung die auf Einziehung des Hoffolgezeugnisses gerichtete Beschwerde statthaft, obwohl die Erteilung des Hoffolgezeugnisses als tatsächliche Handlung grundsätzlich nicht beschwerdefähig ist.
    2. In einem Verfahren auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses hat das Landwirtschaftsgericht von Amts wegen zu prüfen und ggf. inzident festzustellen, ob es sich bei dem von dem Erblasser hinterlassenen Grundbesitz im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls noch um einen Hof im Sinne der HöfeO handelte oder ob die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen war.
    3. Der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben, ist nicht maßgeblich, wenn objektiv bereits lange Zeit vor dem Erbfall eine dauerhafte Betriebseinstellung erfolgt ist.
    4. Hat ein Erblasser durch letztwillige Verfügung einen Hoferben eingesetzt und kann dieser die Hofnachfolge deshalb nicht antreten, weil die Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls bereits entfallen war, dann ist diese Verfügung in der Regel dahingehend auszulegen, dass der Bedachte die Besitzung unabhängig von ihrer höferechtlichen Einordnung erhalten soll. Selbst wenn die landwirtschaftliche Besitzung der wesentliche Vermögensgegenstand des Erblassers ist, kommt aber eine Alleinerbschaft des Hoferben gem. § 2087 BGB nicht in Betracht, wenn die Auslegung des Testaments einen anderslautenden Willen des Erblassers ergibt.

  • OLG Hamm, Beschluss vom 08. August 2019 - 10 W 94/18
    1. Gehört im Zeitpunkt des Erbfalls ein Hof i. S. d. HöfeO zum Gesamtgut der Eheleute, dann wird der überlebende Ehegatte Hoferbe.
    2. Das Gesamtgut entsteht kraft Gesetzes an allen beweglichen und unbeweglichen Sachen. Eines dinglichen Übertragungsaktes bedarf es nicht. Bei Grundstücken ist die entsprechende Eintragung im Grundbuch nicht konstitutiv. Das Grundbuch ist lediglich unrichtig. Der nicht eingetragene Ehegatte hat einen Anspruch auf Berichtigung gemäß § 1416 Abs. 3 BGB. Die Gütergemeinschaft ist durch den notariellen Ehevertrag wirksam vereinbart. Es bedarf auch keiner Eintragung in das Güterrechtsregister.
     
  • AG Beckum, Beschluss vom 08. Juli 2019 - 100 Lw 10/19
    1. Verpachtung und Eigennutzung eines Grundstücks zum Betrieb einer Windkraftanlage bilden eine landwirtschaftsfremde Nutzung.
    2. Die Nutzung eines Teils einer ansonsten landwirtschaftlich genutzten Parzelle für den Betrieb einer Windkraftanlage lassen die Hofzugehörigkeit des Parzellenteils entfallen.
    3. Die weichenden Miterben können die Übereignung des landwirtschaftsfremd genutzen Teils der Parzelle verlangen.
    4. Die Windkraftanlage ist nur Scheinbestandteil des Grundstücks und fällt – so sie denn im Eigentum des Erblassers stand – in den hoffreien Nachlass.
     
  • OLG Hamm, Beschluss vom 20. Juli 2018 - 10 W 97/17
    Der Pflichtteilsanspruch der Ehefrau nach lebzeitiger Übertragung des Hofes auf den Sohn im Wege vorweggenommener Erbfolge richtet sich nach den §§ 2303, 2311 BGB. Für die Berechnung wird der tatsächliche Nachlass im Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde gelegt, wozu der Hof nicht mehr gehört. § 12 Abs. 10 HöfeO enthält keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern setzt einen bestehenden Anspruch voraus und verweist für die Berechnung auf die Absätze 2 bis 5.
     
  • OLG Celle, Beschluss vom 11. Dezember 2017 – 10 W 24/17
    Wird im Rahmen eines sog. Repowering eine alte Windkraftanlage durch zwei neue (größere) Anlagen ersetzt, sind zumindest die Erträge aus der zweiten Anlage nachabfindungspflichtig im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 b HöfeO.
     
  • OLG Hamm, Beschluss vom 8. Dezember 2016 – 10 W 208/15
    Die durch die Erfüllung einer Abfindungsvereinbarung einstehende erhöhte Einkommenssteuerlast des Hofübernehmers führt nicht zu einer Anpassung des Vertrags nach den Grundsätzen des Wegfalls oder der Störung der Geschäftsgrundlage.
     
  • OLG Hamm, Beschluss vom 24. August 2015 - 10 W 5/15
    1. Eine dauerhafte Übertragung der Bewirtschaftung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr.  1 HöfeO muss durch den testierfähigen Hofeigentümer höchstpersönlich erfolgen. Der Abschluss eines Pachtvertrages mit dem Betreuer des Hofeigentümers reicht dafür nicht aus.
    2. Ein Hofprätendent ist nicht wirtschaftsfähig, wenn er den Hof zwar jahrelang bewirtschaftet hat, wenn sich jedoch eklatante Defizite sowohl im landwirtschaftlich-technischen Bereich als auch im kalkulatorisch-organisatorischen Bereich ergeben, die im Ergebnis dazu geführt haben, dass die Verschuldung des Hofes immer weiter angewachsen ist.
     
  • OLG Hamm, Beschluss vom 23. Oktober 2014 - 10 W 71/14
    Den nicht am Übergabevertrag beteiligten weichenden Erben kommt im Allgemeinen kein Beschwerderecht zu, da durch die Genehmigung des Hofübergabevertrages kein ihnen zustehendes materielles Recht beeinträchtigt wird.
     
  • BGH, Beschluss vom 25. April 2014 - BLw 6/13
    Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten der weichenden Miterben sind -auch wenn sie zu einer Zerschlagung des zum Hof gehörenden Grundbesitzes führen - nicht nach § 16 Absatz 1 Satz 1 HöfeO nichtig, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb mehr ist.
     
  • OLG Hamm, Beschluss vom 10. April 2014 - 10 U 35/13
    1. Befindet sich im Nachlass eine landwirtschaftliche Besitzung, die kein Hof i.S.d. HöfeO und auch kein Landgut i.S.d. § 2312 BGB ist, dann ist für die Berechnung von Pflichtteilsansprüchen der Verkehrswert zu ermitteln.
    2. Dabei kann ein sog. Auflösungswert der einzelnen Betriebsmittel anzusetzen sein, wenn ein laufender Betrieb nicht mehr besteht und
    die notwendigen Betriebsmittel nach Veräußerung von Vieh und Maschinen nur noch teilweise vorhanden sind.
    3. Die im Fall einer Veräußerung unvermeidbaren Kosten sowie die auf den möglichen Veräußerungsgewinn entfallenden Steuern (latente Steuerlast) sind mit in die Berechnungen einzustellen.
     
  • FG Münster, Urteil vom 20. Februar 2014 – 8 K 1727/11 GrE
    Zur Grunderwerbsteuerpflicht bei der Übertragung von Grundstücken zur Abgeltung von Nachabfindungsansprüchen nach § 13 HöfeO.
     

  • BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12
    Ob beim Erbfall trotz des im Grundbuch eingetragenen Hofvermerks die Hofeigenschaft entfallen war, beurteilt sich danach, ob der Erblasser den landwirtschaftlichen Betrieb endgültig eingestellt hatte.
     
  • BGH, Beschluss vom 23. November 2012 - BLw 12/11
    1. Eine landwirtschaftliche Besitzung, die im Zeitpunkt des Eintritts des Vorerbfalls ein Hof im Sinne der Höfeordnung war, wird auch dann nach dem Sondererbrecht vererbt, wenn die Hofeigenschaft vor dem Eintritt des Nacherbfalls weggefallen ist.
    2. Die Berufung des Hoferben auf sein Erbrecht stellt nicht schon dann eine missbräuchliche Rechtsausübung dar, wenn dieser zuvor irrtümlich (unter Einbeziehung des Werts des Hofes) den Pflichtteil verlangt und von dem Erben eine entsprechende Zahlung erhalten hat.
    3. Sind alle Erbprätendenten bereits bei dem Vorerbfall davon ausgegangen, dass das allgemeine Erbrecht anzuwenden ist und haben sie sich auch entsprechend verhalten, ist dem Hofnacherben die Berufung auf das Sondererbrecht nach Treu und Glauben versagt, wenn eine früher landwirtschaftliche Besitzung jedenfalls bei Eintritt des Nacherbfalls auf Dauer ihre Hofeigenschaft verloren hat.

     
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